Der heutige Weg
Der rund 195 Kilometer lange Weg der Jakobspilger führt in zehn Etappen von Bielefeld nach Wesel. Er beginnt an der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld. Bis zur Ruine der Jodokuskapelle auf dem Jostberg ist der Pilgerweg identisch mit der Route nach Soest (Weg 3). An der Ruine geht es dann geradeaus weiter am Hang des Teutoburger Waldes entlang auf Steinhagen, Brockhagen und das Kloster Marienfeld zu. Bei Harsewinkel erreicht der Pilgerweg die Ems, deren Auen er bis Telgte durchquert. Die Pferdestadt Warendorf und Telgte als größter Marienwallfahrtsort Westfalens heißen Pilgernde herzlich willkommen. Weiter geht es durch die Domstadt Münster, wo an der Lambertikirche der von Osnabrück nach Wuppertal-Beyenburg führende Weg (Weg 1) kreuzt. Am Aasee entlang und durch Roxel verlässt der Pilgerweg die Stadt und erreicht beim Stift Tilbeck die Baumberge an deren Rand er sich durch die Ortschaften Schapdetten und Stevern nach Nottuln schlängelt. Über Darup und das im 19. Jh. gegründete Kloster Gerleve erreichen Pilger:innen schließlich Coesfeld mit seiner aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammenden Jakobikirche. Von hier verläuft der Weg durch ein ehemaliges Moorgebiet, das Weiße Venn, auf Velen und Ramsdorf zu, um schließlich über die Jugendburg Gemen und die Schönstatt Au die Innenstadt von Borken zu erreichen. Weiter geht es über Raesfeld mit seiner eindrucksvollen Schlossanlage und das Kloster Marienthal nach Wesel am Niederrhein. Hier an der Mündung der Lippe in den Rhein hat der Weg Anschluss an das Netz der Wege der Jakobspilger im Rheinland.
Historischer Hintergrund
Der historische Weg von Bielefeld nach Wesel war das Teilstück einer großen Fernhandelsroute, die die Hansestädte Lübeck und Hamburg über Lüneburg und Minden mit dem Rhein und den Niederlanden verband. In Bielefeld zweigte die Strecke von einer weiteren bedeutenden Handelsstraße an den Hellweg nach Soest ab (Weg 3) und strebte auf den Rhein bei Wesel zu. Ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nahm diese Verkehrsverbindung stetig an Bedeutung zu.
Alte Karten (z.B. der Brüsseler Atlas des Christian S’Grooten von 1573), Schriftquellen (z.B. die Nennung des Teilstücks von Münster über Nottuln nach Coesfeld als „via regia“ im 14. Jh.), Spuren der alten Trasse im Gelände (z.B. der Hohlweg in Darup) und zahlreiche mittelalterliche Wegbegleiter (z.B. das Mordkreuz am Landwehrdurchlass bei Tilbeck und das Siechenhaus am heutigen Rochus-Hospital in Telgte) bezeugen die Existenz und Nutzung dieser Trasse.
Dass auch Pilger:innen die Fernroute benutzt haben, bezeugen die vielen Hospitäler und Herbergen entlang der Strecke, für die oftmals verbürgt ist, dass sie auch Pilgernde aufnahmen – so z.B. das „der pelgrimen hus up der Horsterstrate“ in Münster. Die Kämmereirechnungen der Stadt Warendorf aus dem 17. Jahrhundert offenbaren, dass hier Jakobspilger mit kleineren Geldbeträgen bedacht wurden.